Santorini
- die Insel des verborgenen Vulkans
Die
ganze Ägäis muss voll schwarzem Qualm gewesen sein und ein
gewaltiges Donnergrollen muss die Luft erfüllt haben - damals,
ca 1600 vor Christi Geburt, als sich die Kykladen-Insel Santorini in
der jetzigen Form ausbildete.
Der Berg der Mitte versank in der Tiefe, nur die Ränder blieben
stehen - ungefähr die Insel wie man sie heute kennt.
Mit ihren drei Bestandteilen Thira, Thirassia und Aspronisi sowie den
beiden zentralen Vulkaninseln Nea Kameni und Palea Kameni ist sie eine
der eigenwilligsten und originellsten Inseln der Ägäis.
Aber sie ist noch mehr: Nicht umsonst nennen sie die Einwohner Kalliste
- die Schönste.
Und das ist sie in der Tat.
Bei einer Fahrt in den Südzipfel bis zum Leuchtturm Akrotiri bieten
sich immer wieder neue Aussichten an, die einen Halt und zumeist auch
ein Foto verlangen.
Ebenso
ist die Wanderung vom Hauptort Fira (oder auch Thira genannt) zur Nordküste
mit ihrem Hauptort Oia ein Erlebnis für die Sinne: Farben und Schattenbildungen
sowie der Blick hinunter in die Caldera sind ein einmaliges Erlebnis.
Die schnellste aber auch zugleich langweiligste Art, sich der Insel
zu nähern, ist die Landung auf dem kleinen Flughafen.
Viel interessanter und beeindruckender ist die Anreise per Schiff, meistens
von den Nachbarinseln Paros oder Folegandros.
Unser erster Besuch vor einer Reihe von Jahren hinterliess den wohl
nachhaltigsten Eindruck.
Bei der Einfahrt in die Caldera konnte man vor Staunen kaum die Augen
von den hoch über uns liegenden weissen Häusern der Orte Oia,
das man als erstes erlebt, und später von Fira abwenden. In zwei-
bis dreihundert Metern Höhe klebten die Häuschen am Kraterrand,
wie Spielzeughäuser sahen sie aus. Man fühlte sich wie in
eine Märchenwelt versetzt.
Bei unserem letzten Besuch im September 2006 hatten wir das Glück,
ein geeignetes Hotel gewählt zu haben, das sich oben am Kraterrand
hinab- oder auch hinaufzog. Jetzt konnten wir den umgekehrten Blick
geniessen.
Von der Terrasse unseres Studios oder bei Frühstück hatten
wir das Gefühl. In einem grossen Cinemascope-Film zu sitzen mit
der grandiosen Aussicht auf die Caldera, am Abend auf die Lichter von
Oia oder der kleineren Schwesterinsel Thirassia. Jetzt sahen unten auch
die grossen Kreuzfahrtschiffe oder die Fähren nach Piräus
oder den Nachbarinseln wie Spielzeugschiffe aus.
Die
Westküste fällt steil in Meer hinab. Baden ist hier nicht
möglich.
Wer einen Strand sucht, der muss auf die Touristenorte Kamari oder Perissa
ausweichen. An den Uferpromenaden findet man zahlreiche Tavernen, Souvenir-Geschäfte,
Hotels, Minimärkte und all die Geschäfte, die an auf jeder
Insel wiederfindet. Der Sand-Kies-Strand ist von der Vulkanlava schwarz.
Westlich von Perissa gelangt man zu den Ausgrabungen von Akrotiri. Diese
antike Stadt, die im kulturellen Austausch mit den Minoern der Insel
Kreta stand, wurde anscheinend von den Anwohnern rechtzeitig vor dem
grossen Ausbruch des Vulkans verlassen. Eindrucksvoll sind die Fresken,
die heute grösstenteils im Nationalmuseum von Athen stehen bzw
als rekonstruierte Fresken im neuen, noch im Ausbau befindlichen prähistorischen
Museum in Fira.
Ein Rundgang durch das quirlige Zentrum von Fira ist sicher reizvoll,
doch irgendwann ist man die unzähligen Schmuck- und Souvenirläden
leid, in denen sich die Kreuzfahrttouristen mit Schmuck und allerlei
Kitsch eindecken. Eine Umenge von Kafenions neuer Prägung und diverse
Tavernen laden zum Essen und Trinken ein.
Wesentlich
kleiner und irgendwie origineller ist im Norden der kleine Ort Oia,
der einer der bevorzugten Sonnenuntergangsschauplätze dieser Welt
zu sein
scheint. Wenn sich abends die Sonne dem westlichen Horizont nähert,
dann strömen Hunderte von Menschen durch die kleinen Gässchen,
die voll sind von Läden und Kunst-Galerien, bis hin zum Lontza-Kastell,
um dem Tagesgestirn beim Hinabsinken unter den Horizont zuzuschauen.
Nicht immer tut die Sonne allerdings den Zuschauern den Gefallen und
sie verabschiedet sich in einer Wolke oder hinter der Insel Sikinos.
Eine
der Besonderheiten der Insel ist der Wein, der in seiner Art, nämlich
hinsichtlich Geschmack und Anbau, einzigartig in Griechenland ist.
Überall auf der Insel sieht man die flachen, sich nur wenig über
die Erde erhebenden Weinstöcke. Wie können diese nur gedeihen,
so fragt man sich, wo doch im Sommer kaum Regen fällt und auf diese
trockene Insel das Wasser oft mit Wassertankschiffen vom Festland antransportiert
werden muss?
Des Rätsels Lösung ist der Tau. Jeden Morgen sind sämtliche
Oberflächen davon feucht. Der Asche- und Bimssteinboden speichert
diesen allnächtlichen Niederschlag. Der Wasserdampf der tief liegenden
Caldera trägt ebenfalls dazu bei.
Die Weinstöcke sind zudem weit genug auseinander gepflanzt, so
dass die Wurzeln ein grosses "Einzugsgebiet" haben.
Die wichtigsten Traubensorten der Insel sind die Asyrtiko- und die Nikteri-Rebe.
Leider verkaufen die Tavernen und Restaurants die Flaschenweine nicht
gerade preiswert, so dass es besser ist, sich in Supermärkten und
den Weinkellereien den Wein zu besorgen.
Wer
auf Santorini einige Tage verbringt, sollte den Ausflug zur Caldera-Insel
Nea Kameni nicht versäumen. Von der Landestelle der Boote geht
es über Lava-Asche und Gestein rund 25 Minuten bis hinauf zur Krateröffnung.
Hier riecht es noch nach Schwefel und man sieht die Schwefeldämpfe
aus den schmalen Öffnungen herausziehen.
Wer einigermassen schwimmen kann, sollte zudem die Möglichkeit
nutzen, die rund 150 Meter vom Boot bis zu den warmen Quellen an der
Westseite von Nea Kameni zu schwimmen. Das Wasser erreicht erstaunliche
35°C und ist von beißend-schwefligem Geruch.
Der Tourismus hat Santorini voll im Griff. Viele Einwohner haben sich
von mühsamen Arbeiten getrennt und setzen voll auf die zahlenden
Gäste. Die niedrigen Arbeiten werden nunmehr von Albanern und Kossovo-Flüchtlingen
gemacht.
Auch der Verkehr, besonders in Fira, hat ein kaum mehr zu steigerndes
bzw erträgliches Ausmass erreicht. Besonders wenn Kreuzfahrtschiffe
festgemacht haben, wird die Insel von Gästen überschwemmt.
Wer einen ruhigen Urlaub sucht, muss sich die weniger frequentierten
Plätze aussuchen oder eine der umliegenden Nachbar-Kykladen aussuchen.
Eines aber sollte man auf Santorin keinesfalls machen: Sich nur am Strand
in der Sonne oder auf dem Liegestuhl ausruhen wollen.
Dazu ist die Insel einfach mit ihren vielen Facetten viel zu interessant.