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Auf
den Spuren des Apostels Paulus in Kleinasien
Paulus
hat viel für die Verbreitung des Christentums geleistet. Wer weiss,
ob ohne ihn die damalige kleine Schar der Jünger und ersten Bekenner
zu Jesus es jemals geschafft hätten, wäre nicht Paulus gewesen,
der rastlos und voller Energie das Wort des Herrn unter die Griechen,
Juden und "Heiden", wie man sie respektlos nannte, getragen
hat.
In einer Zeitschrift fanden wir eine Anzeige eines Reiseunternehmers mit
dem Titel "Auf den Spuren des Apostels Paulus in Kleinasien".
Das Programm sah interessant aus. Und die Jahreszeit Oktober versprach
ebenfalls ein angenehmes Reiseklima. Also wurde kurzerhand gebucht.
Was weiss man schon über den Apostel Paulus? Eigentlich wenig. Nur
eines ist jedem Christen bekannt oder sollte bekannt sein, es ist das
Saulus - Paulus - Erlebnis vor Damaskus, das inzwischen in den Sprachgebrauch
als Inbegriff einer spontanen Wandlung eingegangen ist.
Saulus wurde in Tarsus (Kilikien, heutige Türkei) als Sohn frommer
Juden geboren und besass zugleich die römische Staatsbürgerschaft.
Er ging in eine Pharisäer-Schule und wurde dort zu einem der heftigsten
Bekämpfer der Jünger Jesu und deren Schüler. Dann erhielt
er den Auftrag, auch in Damaskus die neue Lehre und deren Anwender zu
bekämpfen. Auf dem Weg vor Damaskus hatte er jenes entscheidende
Erlebnis, das ihn zu einer Kehrtwendung in seinem Glauben und zu einem
überzeugten Anhänger der neuen Lehre werden liess.
Ohne auf weitere Details einzugehen, er kam später in die Stadt Antiochia
am Orontes, die damals nach Rom und Alexandria die drittgrösste römische
Stadt war. Hier wurde erstmals der Begriff "christianoi - Christen"
geprägt. Und hier beginnt auch unsere Reise nach einem Flug nach
Adana.
So gilt der erste Besuch der Kirche des Hlg. Petrus, die in eine Felswand
hineingehauen wurde und etwas ausserhalb der heutigen Stadt Antakya liegt.
Ein Mitglied unserer kleinen Reisegruppe ist ein pensionierter Pfarrer,
der in dieser Kirche ein Lied anstimmt.
Das Museum in Antakya beherbergt eine der grössten Mosaiksammlungen
aus griechisch-römischer Zeit, ein absolutes Muss für jeden
Besucher.
Nach einem Mittagessen geht es weiter nach Samandag, dem früheren
Hafen Seleukia der Stadt Antiochia. Einige alte Felsengräber und
ein Kanal mit einem Tunnel, der die vom Gebirge herabströmenden Wassermassen
ins Meer leiten sollte, gibt es hier zu besichtigen.
Der nächste Tag führt uns nach Tarsus, wo Paulus geboren wurde.
Es gibt dort noch neben dem Tor der Kleopatra das Geburtshaus Paulus mit
einem alten Brunnen zu sehen. Der Wärter zieht aus dem tiefen Brunnen
Wasser empor und gibt es uns zu kosten.
Weiter geht es in Richtung Westen an der Küste des Mittelmeers entlang.
In der Nähe der heutigen Stadt Selifke, dem früheren Seleukia,
besuchen wir die Höhlenkirche der Hlg. Thekla. Sie war die Tochter
angesehener Bürger der Stadt und hörte per Zufall die Predigt
des Paulus im Ort. Sie gab ihr normales Leben auf und wurde zu einer glühenden
Anhängerin der Lehre Jesu. Sie wird noch heute als Heilige verehrt.
Ein gemeinsam gesungenes "Dona nobis .." unter Anleitung unseres
Pfarrers versuchte der alten Kirche so etwas wie eine späte Verehrung
zu zeigen. In der Nähe befindet sich noch die Ruine einer alten Basilika,
von der nur Reste der Apsis stehen geblieben sind.
Aus der Küstenregion steigen wir nunmehr in der Nähe des Flusses
Göksu, dem früheren Saleph, auf die anatolische Hochebene. Vorbei
an der wahrscheinlichen Stelle, an der einst am 10. Juni 1190 Kaiser Barbarossa
auf seinem Kreuzzug ins Heilige Land ertrank. Die Rückeroberung Jerusalems
ist dann auch gescheitert.
Unser
nächstes Reiseziel heisst Konya. Die Entfernungen sind wahrlich nicht
gering und man kann nur immer wieder über die Leistung Paulus` staunen,
denn ihm standen wohl in der Regel nur die eigenen Füsse oder ein
Esel zur Verfügung.
Wie beseelt von einem, seinem neuen Glauben muss Paulus gewesen sein,
um diese gewaltigen Anstrengungen auf sich zu nehmen?
Konya ist die Stadt der Sufi-Derwische. Das Kloster des Derwisch-Ordens,
das Mevlana-Museums ist heute nach dem Topkapi-Museum in Istanbul das
am meisten besuchte Museum der Türkei. Dementsprechend voll ist auch
die Stätte. Alte Handschriften und Teppiche sind die Hauptattraktionen
des Yesil Türbe (Grünes Grab, nach dem grünen Fayence-Turm
so benannt). Der Ordensgründer, Celaleddin Rumi, lebte im 13. Jahrhundert.
In Konya, dem alten Ikonium, gibt es eine kleine christliche Kirche, die
liebevoll von zwei italienischen Ordensschwestern aus Trient geleitet
und gepflegt wird.
Die frühe Weiterfahrt am nächsten Morgen führt uns nach
Antiochia in Pisidien, einer grossen Ausgrabungsstätte. Hier hat
Paulus ebenfalls gepredigt, musste aber wegen der Ablehnung durch die
Juden und deren Hetze gegen ihn zusammen mit Barnabas die Stadt alsbald
verlassen.
Pamukkale heisst die nächste Station. Durch umfangreiche Sanierungsmassnahmen
und das Verlegen von Hotels, die das Wasser verunreinigten, sind jetzt
die Kalksinterterrassen wieder leuchtend weiss und gut anzusehen. Ein
Spaziergang kurz vor Sonnenuntergang oberhalb der Terrassen verschafft
uns einen grandiosen Überblick. Kurz nach der Weiterfahrt machen
wir noch einen Abstecher in das antike Laodicea, dessen weite Anlagen
zur Zeit von türkischen Archäologen ausgegraben werden.
Abends erreichen wir Kusadasi, den Ausgangspunkt für die Besuche
von Ephesus und Milet. Beides sind Orte, die bei den Besuchen und den
Reisen von Paulus in Kleinasien von grosser Bedeutung sind. In Ephesus
hat sich gegenüber unserem letzten Besuch vieles geändert. Heute
ist der Besucherandrang aus aller Herren Länder erheblich - die Kreuzfahrtschiffe
tragen wohl das ihrige dazu bei. Beeindruckend ist immer wieder das grosse
Amphitheater. Hier also haben damals die Silberschmiede gegen die christlichen
Lehren des Paulus zum Widerstand aufgerufen, als sie ihre Geschäfte
mit den Devotionalien gefährdet sahen.
Milet hingegen ist wohltuend gering besucht. Im Hafen von Milet ging Paulus
auf seiner dritten Missionsreise an Land und bat von hier aus die Ältesten
der Gemeinde Ephesus zu sich. Paulus verabschiedete sich hier von ihnen
mit ergreifenden Worten, wie in der Apostelgeschichte 20 nachzulesen ist.
Unsere Reise auf den Spuren des Apostels Paulus in Kleinasien endet hier.
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